Die Ankersplinten in der Fassade am Markt weisen auf das Erbauungsjahr 1706 und die Bauherren JG (Jacob Gygel) und GK (Gertrud geb. Kemmerlings). Der Vater von Frau Gygel war damals Müller auf der churfürstlichen Geismühle in Oppum, ein Amt das Jacob Gygel – zugleich Linner Bürgermeister – von ihm übernahm.
Die Ankersplinten zur Margaretenstraße hin zeigen die Jahreszahl 1766. Anscheinend wurde zu dieser Zeit ein Anbau zur Margaretenstraße hin angefügt. Damals hat man auch den Altbau am Markt überholt und in den Fensterformen angeglichen. An der Margaretenstraße gibt es noch zwei alte Türen in Blausteingewänden. Die rechte zeigt im Sturz die Jahreszahl 1766, die Zeit des Umbaus und die Initialen EG (E. Gygel).
Im Jahre 1706 waren Bauten mit massiven Backsteinmauern in Linn noch selten. Allerdings besetzte das große Haus auch einen prominenten Platz am Markt. Zudem stand es dicht neben dem Linner Rathaus (im Bereich des Textilmuseum-Neubaus). Das Rathaus wurde im 16. Jahrhundert – sicher vor 1580 – errichtet. Es wandte den Giebel dem Markt zu. Allerdings sprang dieser 6,25m gegenüber der heutigen Front des Textilmuseums zurück.
In der Mitte des 18. Jahrhundert gab es Klagen über den baulichen Zustand des Rathauses. Da die Stadt damals jedoch nicht über die notwendigen Mittel für eine Reparatur verfügte, wurde es 1762 abgerissen. Die Steine und Holzbalken konnte man verkaufen. Der Rat tagte fortan in der Wohnung des Bürgermeisters, in der Schule oder in einer Gaststätte.